Untätigkeitsklage

Bundesverfassungsgericht: Bürgergeld – Bezieher muss beim Jobcenter nicht “betteln”

Bundesverfassungsgericht spektakulär: Nicht „Bitte, Bitte“ beim Jobcenter machen, sondern sofort klagen!

In einer kürzlichen ergangenen Entscheidung hat das Bundesverfassungsgericht die Rechte von Bürgergeld Beziehern gestärkt. Vor einer Untätigkeitsklage muss nicht noch erneut beim Jobcenter nachgefragt werden, quasi “betteln und bitten”. Der Gesetzgeber hat so etwas nicht vorgesehen. Wenn eine Klage gesetzlich möglich ist, dann kann sie auch eingereicht werden.

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Gradlinige Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts : Bürgergeld Bezieher muss nicht “Bitte, Bitte” machen, sondern kann sofort klagen, wenn das gesetzlich möglich ist.

Jobcenter unterliegt vor Bundesverfassungsgericht

Das Bundesverfassungsgericht hat sich mit einer Verfassungsbeschwerde einer Bezieherin von SGB II Leistungen (damals Hartz IV, heute Bürgergeld) zu befassen. Es ging um Kosten, die die Leistungsbezieherin vom Jobcenter erstattet haben wollte. Das Bundesverfassungsgericht hat nun entschieden, dass die Verfassungsbeschwerde offensichtlich begründet ist.

Der Entscheidung lag folgender Fall zugrunde: Eine SGB II Bezieherin (heute Bürgergeld) hatte gegen eine Entscheidung des Jobcenters Widerspruch eingelegt, weil das Jobcenter bei der Leistungsberechnung das Einkommen zu hoch angesetzt hatte. Gegen den Bescheid des Jobcenters hatte die Leistungsbezieherin zu Recht Widerspruch eingelegt.

Laut einem Jobcenter Bescheid sollte sie die Kosten hierfür aufgrund ihres Antrags auch erstattet bekommen. Allerdings passierte nach dem Bescheid nicht. Das Jobcenter zahlte nicht. Aus diesem Grunde erhob die Leistungsbezieherin Untätigkeitsklage vor dem Sozialgericht. Das Sozialgericht musste kein Urteil fällen, weil das Jobcenter nun zahlte. Der Rechtsstreit wurde für erledigt erklärt.

Das reichte der Leistungsbezieherin aber nicht. Sie wollte auch für dieses Verfahren eine Erstattung ihrer außergerichtlichen Kosten erhalten.

Erstattung außergerichtlicher Kosten von Bürgergeld Bezieherin abgelehnt

Das Sozialgericht lehnte den Antrag auf Erstattung außergerichtlicher Kosten ab. Die Ablehnung begründete es damit, dass die Klage mutwillig erscheine.

Derm Sozialgericht erschien es sinnvoller, dass die Klägerin den den kostengünstigeren und meist schnelleren Weg hätte einschlagen müssen und einfach noch mal beim Jobcenter nachzufragen. Ein einfaches Anwaltsschreiben, in dem eine angemessene Frist gesetzt werde, hätte auch zum Ziel geführt.

Bundesverfassungsgericht entscheidet pro Bürgergeld Bezieher

Das Bundesverfassungsbericht vertritt allerdings eine andere Ansicht als das Sozialgericht.

Es existiert keine «allgemeine Pflicht, die Behörde nach Ablauf der gesetzlichen Wartefrist zunächst auf die ausstehende Entscheidung über den Antrag oder Widerspruch aufmerksam zu machen, die Klageerhebung anzukündigen und nachzufragen, ob sie bald entscheide.

Schließlich habe, so das Bundesverfassungsgericht, der Gesetzgeber selbst geregelt, wie lange Betroffene abwarten müssten. «Wer nach Ablauf von gesetzlichen Fristen klagt, handelt grundsätzlich nicht treuwidrig.

Das Bundesverfassungsgericht hat die Angelegenheit nun an das Sozialgericht zurückverwiesen. Dieses muss nun noch einmal neu entscheiden und die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts berücksichtigen.

Quelle: Bundesverfassungsgericht, Beschluss v. 15.3.2023, 1 BvR 311/22

Zusammenfassung: Bürgergeld und Klagemöglichkeit

Fazit: Wenn das Gesetz eine Klage gegen das Jobcenter erlaubt, muss nicht vorher noch “Bitte, Bitte” beim Jobcenter gemacht werden. Der Rechtsweg steht dann offen, wenn das Gesetz es vorsieht!