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Rentenzuschlag droht zur finanziellen Falle: Warum viele Hinterbliebene ab Dezember 2025 mit Kürzungen rechnen müssen

Ab 1. Juli 2024 profitieren viele frühere Erwerbsminderungs- und Folgerenten von einem pauschalen Zuschlag zwischen 4,5 und 7,5 Prozent – doch es droht ein gewaltiger Nachteil für Hinterbliebene: Der Zuschlag gilt ab Dezember 2025 als Einkommen und kann die Witwenrente empfindlich schmälern. Was als soziale Korrektur gedacht war, wird so zur finanziellen Stolperfalle. Mehr dazu im aktuellen Bürger & Geld, dem Nachrichtenmagazin des Vereins Für soziales Leben e.V.

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Autor: Chef-Redakteur Experte: Chef-Redakteur

Wer zwischen 2001 und 2018 eine Erwerbsminderungsrente oder daraus folgende Alters- oder Hinterbliebenenrente bezogen hat, erhält seit dem 1. Juli 2024 einen pauschalen Zuschlag auf die Rente – ein politischer Meilenstein und längst überfällige Nachbesserung. Doch was als soziale Korrektur gedacht war, droht für etliche Witwen und Witwer zur Falle zu werden: Spätestens ab Dezember 2025 werden neue Regeln zur Einkommensanrechnung die Rentenbezüge vieler Hinterbliebener empfindlich schmälern.

Die neue Regelung ab Juli 2024: Wer profitiert vom Rentenzuschlag?

Mit dem sogenannten Erwerbsminderungs-Bestandsverbesserungsgesetz hat der Gesetzgeber einen pauschalen Zuschlag für Renten eingeführt, deren Beginn zwischen Januar 2001 und Dezember 2018 lag.
Die Höhe des Zuschlags richtet sich nach dem individuellen Rentenbeginn:

  • 7,5 Prozent Zuschlag erhalten alle, deren Erwerbsminderungsrente zwischen Januar 2001 und Juni 2014 begann.
  • 4,5 Prozent Zuschlag gilt für Renten, die zwischen Juli 2014 und Dezember 2018 erstmals gezahlt wurden.

Betroffen sind etwa drei Millionen Menschen – darunter auch viele Alters- und Hinterbliebenenrentner, deren Versorgung auf einer früheren Erwerbsminderungsrente basiert. Ziel der Maßnahme war, die Benachteiligung älterer Jahrgänge gegenüber Neurenten auszugleichen, welche seit Jahren von verbesserten Rentenregeln profitieren.

Technische Besonderheit bis Ende November 2025: Zuschlag bleibt unangetastet

Von Juli 2024 bis einschließlich November 2025 erfolgt die Auszahlung des Zuschlags technisch getrennt und separat überwiesen – unabhängig von der eigentlichen Rente. Dieser Modus bringt einen entscheidenden Vorteil: Der Zuschlag wird in diesem Zeitraum bei der Einkommensanrechnung für Witwen- und Witwerrenten ausdrücklich nicht berücksichtigt. Für viele Hinterbliebene bedeutet das kurzfristig ein finanzielles Plus – die Rente bleibt voll erhalten, auch wenn der Zuschlag das eigentliche Einkommen deutlich erhöht.

Ab Dezember 2025: Zuschlag wird voll zum Einkommen – das Nachspiel für Witwenrenten

Mit Ablauf des ersten Advent 2025 kehrt sich das Bild radikal: Der Zuschlag wird zukünftig nicht mehr separat, sondern als Bestandteil der regulären Rente überwiesen. Aus sozialversicherungsrechtlicher Sicht gilt er damit ab 1. Dezember 2025 als normales Einkommen und wird bei der Einkommensanrechnung auf Hinterbliebenenrenten (wie Witwenrente) vollumfänglich berücksichtigt. Dies bestätigt auch die Deutsche Rentenversicherung ausdrücklich.

Die Folgen sind erheblich: Überschreitet das Gesamtnettoeinkommen – einschließlich des Zuschlags – den aktuellen Freibetrag, wird der übersteigende Betrag zu 40% auf die Witwenrente angerechnet und abgezogen. Für Juli 2025 bis Juni 2026 steigt dieser Freibetrag zwar auf 1.076,86€ monatlich, doch bereits kleine Überschreitungen führen zu realen Einbußen.

Rechenbeispiel:

Eine Witwe bezieht 1.060€ Rente. Mit Zuschlag ab Dezember 2025 steigen die Ansprüche auf 1.130€. Das sind 53€ über dem Freibetrag. Darauf werden 40% angerechnet: Die Witwenrente sinkt somit um 21,20€ monatlich. In Summe kann der nominale Rentenanstieg bei einzelnen Haushalten zu einer tatsächlichen Reduzierung führen, wenn durch Beitragssprünge bei Sozialabgaben und Steuern das verbleibende Einkommen schrumpft.

Wer muss besonders aufpassen?

Von der neuen Regelung besonders betroffen sind:

  • Hinterbliebene mit bereits hohem Einkommen oder Rentenbezug.
  • Personen, deren Erwerbsminderungsrente (bzw. Folgerente) den Freibetrag durch den Zuschlag erstmals übersteigt.
  • Alle, bei denen steuer- und beitragspflichtige Einkünfte durch die Anrechnung wachsen.

Wer knapp unterhalb der Anrechnungsgrenze lag, erlebt mit der Integration des Zuschlags schnell materielle Verluste, etwa durch sinkende Nettoauszahlungen oder Beitragssteigerungen6.

Was können Betroffene tun?

  • Rechtzeitig informieren: Betroffene sollten ihre Einkommenssituation für 2025 und besonders für den Wechselmonat Dezember 2025 im Auge behalten und sich beraten lassen.
  • Individuelle Berechnung: Die Deutsche Rentenversicherung bietet individuelle Auskünfte zur neuen Anrechnungspraxis an.
  • Beratung nutzen: Sozialverbände und spezialisierte Beratungsstellen helfen bei der Einschätzung und Planung.

Stimmen und Kritik

Sozialverbände wie der VdK kritisieren, dass durch das im Grundsatz gut gemeinte Gesetz eine neue Gruppe finanziell benachteiligt werden könnte. Viele Hinterbliebene sehen sich ab Dezember 2025 erstmals mit Kürzungen konfrontiert – durch eine rein technische Änderung, die ihnen ursprünglich mehr Sicherheit und Förderung versprach.

Fazit des Vereins Für soziales Leben e.V.

Der Zuschlag auf Erwerbsminderungs- und Folgerenten ist ein wichtiges Signal für Gerechtigkeit im Rentensystem. Die technische Umsetzung führt aber dazu, dass viele Hinterbliebene mit empfindlichen Kürzungen rechnen müssen. Sie geraten unverschuldet zwischen die politischen Stühle von Nachbesserung und Anrechnungsregeln. Der Verein Für soziales Leben e.V. fordert die Politik auf, Betroffene gezielt zu schützen und die Anrechnungsregeln sozialverträglich nachzubessern. Eine soziale Korrektur darf nicht zur neuen Belastung werden.

Wichtige Quellen:
Bundesregierung FAQ, Deutsche Rentenversicherung, Steuertipps, SGB VI §97a

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