Die Zahl der Menschen in Deutschland, die Grundsicherung im Alter beziehen, ist im letzten Jahr erneut deutlich gestiegen. Laut dem Statistischen Bundesamt bezogen rund 739.000 Personen im Dezember 2024 diese Sozialleistung – ein Plus von 7,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Damit setzt sich ein Trend fort, der bereits seit mehreren Jahren zu beobachten ist. Auch für 2025 und 2026 ist ein weiterer Anstieg zu befürchten. Doch was steckt hinter diesem Anstieg? In folgendem Artikel auf Bürger & Geld, dem Nachrichtenmagazin des Vereins Für soziales Leben e. V., erklären wir ‘s.
Entwicklung und aktuelle Zahlen
Im Dezember 2024 erhielten insgesamt etwa 1,26 Millionen Menschen in Deutschland Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII). Davon entfielen rund 58,6 Prozent auf die Grundsicherung im Alter, also auf Personen, die die gesetzliche Altersgrenze erreicht oder überschritten haben und ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenen Mitteln bestreiten können.
Die Altersgrenze lag im Dezember 2024 bei 66 Jahren, da sie für die nach 1947 Geborenen schrittweise auf 67 Jahre angehoben wird. Für vor 1947 Geborene gilt nach wie vor die Grenze von 65 Jahren.
Gründe für den Anstieg
Mehrere Faktoren erklären den deutlichen Zuwachs bei den Beziehern der Grundsicherung im Alter:
- Gesetzesänderungen und Freibeträge: Seit 2021 können Rentnerinnen und Rentner, die mindestens 33 Jahre lang gearbeitet, Kinder erzogen oder Angehörige gepflegt haben, einen zusätzlichen Freibetrag bei der Grundsicherung geltend machen. Dieser Freibetrag ist von 223 Euro (2021) auf 281,50 Euro (2024) gestiegen. Dadurch werden Teile der Rente bei der Berechnung der Grundsicherung nicht mehr angerechnet, was dazu führt, dass mehr Menschen anspruchsberechtigt sind.
- Erhöhung der Regelsätze: Mit der Einführung des Bürgergelds wurden 2023 die Regelsätze erhöht. Seit Januar 2024 beträgt der Regelsatz für Alleinstehende 563 Euro pro Monat – ein Plus von 61 Euro gegenüber dem Vorjahr. Dadurch ist der Kreis der Leistungsberechtigten gewachsen.
- Steigende Lebenshaltungskosten: Die Ausgaben für Wohnen und Heizen sind in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Viele Ältere können ihren Lebensunterhalt mit der Rente allein nicht mehr bestreiten und sind daher auf Grundsicherung angewiesen.
- Zuwanderung und Flüchtlinge aus der Ukraine: Besonders seit 2022 hat die Zahl der geflüchteten Menschen aus der Ukraine zugenommen, darunter auch viele ältere Personen. Seit Juni 2022 haben Geflüchtete aus der Ukraine unter den üblichen Voraussetzungen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB XII.
Regionale und demografische Unterschiede
Die Armutsgefährdung im Alter ist regional unterschiedlich ausgeprägt. In Ostdeutschland ist die Quote der Bezieher von Grundsicherung im Alter besonders hoch, was unter anderem auf niedrigere Renten und weniger betriebliche Altersvorsorge zurückzuführen ist. Auch zwischen Frauen und Männern sowie zwischen Deutschen und Nicht-Deutschen gibt es Unterschiede.
Grundsicherung im Alter neben der Rente
Die Grundsicherung im Alter kann auch aufstockend neben der Altersrente bezogen werden, wenn letztere nicht reicht, den Lebensunterhalt sicherzustellen.
Wer erhält Grundsicherung neben der Rente?
Anspruch auf Grundsicherung im Alter haben Personen, die die Regelaltersgrenze erreicht haben und deren Einkommen und Vermögen nicht ausreichen, um den notwendigen Lebensunterhalt zu bestreiten. Das betrifft vor allem Rentnerinnen und Rentner mit niedrigen Rentenbezügen. Die Deutsche Rentenversicherung empfiehlt, ab einem monatlichen Einkommen von weniger als etwa 1.015 Euro zu prüfen, ob ein Anspruch auf Grundsicherung besteht.
Wie wird die Rente auf die Grundsicherung angerechnet?
Die Rente zählt grundsätzlich als Einkommen und wird auf die Grundsicherung angerechnet. Allerdings gibt es Freibeträge, die nicht berücksichtigt werden. Seit 2021 gilt für gesetzliche Renten ein Freibetrag: Wer mindestens 33 Jahre an Grundrentenzeiten vorweisen kann, hat Anspruch darauf, dass 100 Euro der gesetzlichen Rente monatlich anrechnungsfrei bleiben. Übersteigt die Rente diesen Betrag, werden zusätzlich 30 Prozent des darüberliegenden Betrags nicht als Einkommen gezählt, maximal jedoch bis zu 50 Prozent der Regelbedarfsstufe 1.
Auch für private und betriebliche Altersvorsorgeprodukte wie Riester- oder Betriebsrenten gelten vergleichbare Freibeträge. Diese Regelungen sorgen dafür, dass Rentnerinnen und Rentner mit langjähriger Versicherungszeit trotz Grundsicherung einen Teil ihrer Rente behalten können.
Zusammenfassung: Mehr Menschen in der Grundsicherung im Alter
Der Anstieg der Bezieher von Grundsicherung im Alter ist ein vielschichtiges Phänomen. Neben strukturellen und demografischen Faktoren spielen politische Entscheidungen wie die Erhöhung der Regelsätze und die Einführung von Freibeträgen eine zentrale Rolle. Auch die Zuwanderung aus Kriegsgebieten und die gestiegenen Lebenshaltungskosten tragen dazu bei. Der Sozialstaat reagiert somit auf veränderte gesellschaftliche und wirtschaftliche Rahmenbedingungen – und ermöglicht mehr Menschen ein finanziell abgesichertes Leben im Alter. Das ist mit vermehrten Kosten für den Staatshaushalt verbunden.