Bürgergeld: Datenkrake Jobcenter speichert Kontoauszüge zehn Jahre – erlaubt?

Bürgergeld: Datenkrake Jobcenter speichert Kontoauszüge zehn Jahre – erlaubt?
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Wer Bürgergeld bezieht bzw. wer Bürgergeld beantragt, muss die Anspruchsvoraussetzungen erfüllen. Und: er muss dem Jobcenter die Bürgergeld Anspruchsvoraussetzungen nachweisen! Anspruchsvoraussetzung ist Hilfebedürftigkeit und diese weist man i. d. R. mittels Vorlage von Kontoauszügen nach. Klar, dass das Jobcenter die Kontoauszüge und sonstigen Nachweise speichert. Die Frage ist: wie lange dürfen die Daten gespeichert werden, wann kann die Löschung beeantragt werden? Hierzu gibt es eine interessante Entscheidung des Bundessozialgerichts.

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Vor einiger Zeit schon entschied das Bundessozialgericht, dass das jeweilige Jobcenter berechtigt ist, die Kontoauszüge des Bürgergeld Beziehers bzw. Antragstellers zu speichern. Die Speicherung kann für eine Dauer von 10 Jahren erfolgen. Die DSGV ist nicht verletzt, weil die Speicherung der Kontoauszüge notwendig zur Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen von Bürgergeld ist.

Bürgergeld und Kontoauszüge

Der Entscheidung des Bundessozialgerichts lag der Fall einer Bürgergeld Bezieherin zugrunde, die mehrere Jahre Leistungen nach dem SGB II bezogen hatte. Damals waren diese Leistungen noch unter dem Namen Hartz IV bekannt. Nach Beendigung des Leistungsbezugs forderte die ehemalige Leistungsbezieherin das Jobcenter auf, die Kontoauszüge und sonstigen Nachweise zu löschen. Das Jobcenter lehnte die Forderung ab. Daraufhin wandte sich die Betroffene an das Sozialgericht. Sozialgerichte sind die für Bürgergeld – Fragen zuständigen Gerichte.

Bürgergeld Antragsteller muss mittels Kontoauszügen Voraussetzungen des Anspruchs nachweisen

Es ist einsichtig, dass die Kontoauszüge und sonstigen Nachweise für die Bürgergeld Anspruchsvoraussetzungen vorgelegt und vom Jobcenter vorgehalten bzw. gespeichert werden müssen, solange der Leistungsbezug besteht. Aber besteht auch ein Anspruch auf Datenspeicherung, wenn kein Bürgergeld mehr bezogen wird, das Jobcenter keine Leistungen mehr erbringt?

Der Antrag auf Löschung der gespeicherten Kontoauszüge wurde vom Jobcenter mit der Begründung zurückgewiesen, die Kontoauszüge ehemaliger Bürgergeld Bezieher für den Nachweis der berechtigten Zahlung von Leistungen nach dem SGB II durch das Jobcenter erforderlich sind. Betroffene hätten zudem die Möglichkeit, Zahlungsausgänge unkenntlich zu machen, also zu schwärzen. Der Nachweis der Anspruchsberechtigung müssen auch im Nachhinein noch möglich sein.

Bundessozialgericht: Jobcenter Datenspeicherung 10 Jahre lang zulässig

Zunächst wies das erstinstanzliche Sozialgericht die Klage der ehemaligen SGB II Bezieherin auf Löschung der Kontoauszüge bzw. Datenspeicherung zurück.

Das Landessozialgericht urteilte anschließend, dass die Datenspeicherung den Zweck des Zahlungsnachweises durch das Jobcenter erfülle. Zudem seien die Kontoauszüge auch ein Nachweis hinsichtlich möglicher Einkommenszuflüsse. Aus diesem Grund dürften sie wegen immer möglicher Korrekturen nach § 44, 45 und 48 SGB X über einen Zeitraum von zehn Jahren gespeichert werden.

Mit diesem Urteil des Landessozialgerichts war die Klägerin nicht einverstanden. Sie vertrat die Auffassung, dass die Speicherung der Daten nicht erforderlich. Begründung: Wenn über den Zufluss von Einkommen kein Meinungsverschiedenheit bestünde, sei ein Grund für eine Speicherung der Kontoauszüge nicht vorhanden, und zwar schon vor der Bestandskraft einer Leistungsbewilligung durch das Jobcenter. Die Klägerin argumentierte weiter: Im Korrekturverfahren nach § 44 SGB X liege die Beweislast beim Antragsteller. Das bedeutet: Er muss ggf. die Kontoauszüge neu vorlegen.

Im Rücknahmeverfahren nach § 45 SGB X beginne der Zehnjahreszeitraum nur in dem Falls, dass nachträglich relevante Tatsachen unabhängig vom Akteninhalt bekannt würden. Das wiederum bedeute, dass die zur Akte genommenen Kontoauszüge hierfür keine Bedeutung hätten.

Kontoauszügen dürfen 10 Jahre lang vom Jobcenter gespeichert werden

Das Bundessozialgericht gab dem Jobcenter recht und wies die Klage ab. Einen Anspruch auf Löschung der Kontoauszüge – Daten i.S.d. Datenschutzgrundverordnung – gebe es nicht. § 17 DSGVO greife nicht, so das Bundessozialgericht: Die Speicherung der Kontoauszüge isei für die Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung erforderlich, s. Art 6 Abs 1 Buchst c DSGVO. Es sei kein Rechtsverstoß gegeben, wenn die Möglichkeit zum Schwärzen nicht relevanter Kontobewegungen vorhanden war.

Das Bundessozialgericht betonte, dass Speicherung von Kontoauszügen erforderlich sei, weil nicht nur zum Zeitpunkt der Antragsstellung beurteilt werden müsse, ob und in welcher Höhe die Anspruchsvoraussetzungen vorliegen und z.B. Einkommen zu erwarten ist. Diese Beurteilungsmöglichkeit durch das Jobcenter müsse nicht nur im Zeitpunkt der Antragstellung gegeben sein, sondern auch während des gesamten Bewilligungszeitraums. Es müssten mögliche Änderungen nachweisbar sein. Dies sei als Basis für Änderungsbescheide und Widersprüche notwendig.

Quelle: Bundessozialgericht, Az: B 14 AS 7/19 R

Zusammenfassung zu Speicherung von Kontoauszügen beim Bürgergeld durch das Jobcenter

Das Wichtigste zzum Schluss kurz zusammengefasst:

  • Bürgergeld Antragsteller müssen Kontoauszüge zum Nachweis der Anspruchsvoraussetzungen vorlegen.
  • Das Jobcenter darf diese Kontoauszüge speichern, und zwar über einen Zeitraum von 10 Jahren.
  • Die Datenschutzgrundverordnung wird dadurch nicht verletzt, so das Bundessozialgericht in mehreren Entscheidungen.