Bürgergeld Urteil: mehr Geld für Paare – wann das geht!

In bestimmten Fällen haben auch Paare Anspruch auf den höheren Regelsatz für Alleinstehende. Lesen Sie hier, wann das der Fall ist.

Bürgergeld Urteil: mehr Geld für Paare - wann das geht!
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Das Landessozialgericht NRW musste sich mit dem Fall eines Paares befassen, das zwar ein Paar war, aber keinen gemeinsamen Haushalt führte und nicht zusammen lebte. Das Jobcenter hatte nur Leistungen nach der Regelbedarfsstufe 2 bewilligt. Dieser Regelsatz ist niedriger als der Regelsatz für alleinstehende Personen. Das Landessozialgericht gab dem nicht zusammenlebenden Paar Recht: Jeder hat Anspruch auf den vollen Regelsatz.

Die Details hierzu lesen Sie in diesem Artikel.

Lebenspartner lebten nicht in einer gemeinsamer Wohnung

Bürgergeld Urteil: mehr Geld für nicht getrennt lebende Partner in zwei Wohnungen

Paare haben in bestimmten Situationen einen Anspruch auf den Bürgergeld Regelsatz für Alleinstehende. Er ist höher als der für Partner.

Dem Urteil des Landessozialgerichts NRW unter dem Az L 12 AS 1372/22 vom 26.04.2023 lag folgender Sachverhalt zugrunde. Der Kläger wohnte in der Y-Straße in Essen. Sein Lebenspartnernach dem Lebensparnterschaftsgesetz lebte in einer anderen Stadt.

Das Jobcenter zahlte beiden Leistungen nach der Regelbedarfsstufe 2, die für Partner bzw. Paare gilt. Darunter fallen Ehepaare und Paare einer Lebensgemeinschaft.

Landessozialgericht: Lebenspartner sind Bedarfsgemeinschaft

Zwischen dem Kläger und seinem Lebenspartner bestand eine Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs. 3 Nr. 3b) SGB II. Nach dieser Vorschrift gehören zur Bedarfsgemeinschaft neben dem erwerbsfähigen Leistungsberechtigten (vgl. § 7 Abs. 3 Nr.1 SGB II) als Partnerin oder Partner der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten auch die nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartnerin oder der nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartner.

Was ist „dauernd getrennt lebend“?

Der Kläger und sein Lebenspartner waren nach Ansicht des Gerichts nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartner im Sinne von § 7 Abs. 3 Nr. 3b SGB II. Es führte zur Frage des Getrenntlebens aus:

Die Auslegung des Begriffs “Getrenntleben” richte sich im Rahmen des § 7 Abs. 3 Nr. 3a SGB II (Bürgergeld Gesetz) nach familienrechtlichen Grundsätzen. Neben einer räumlichen Trennung setzte dies einen Trennungswillen voraus. Es müsse der nach außen erkennbare Wille eines Ehegatten hinzutreten, die häusliche Gemeinschaft nicht herstellen zu wollen, weil er die eheliche Gemeinschaft ablehnt (§ 1567 Abs. 1 BGB).

Ausnahmesituationen rechtfertigen Alleinstehenden-Regelsatz auch für Partner

Das Landessozialgericht kam in seinem Urteil zu dem Schluss, dass trotz nicht dauerhaften Getrenntlebens in Ausnahmesituationen auch Paare bzw. Partner den Regelsatz für Alleinstehende beanspruchen können, also jeder Partner für sich. Eine solche Ausnahmesituation sei auch im zu entscheidenden Fall gegeben.

Nach der Rechtsprechung des BSG sei, so das Landessozialgericht, in Ausnahmesituationen, in denen beispielsweise ein Ehepartner berufsbedingt im Ausland lebt und mangels eines gewöhnlichen Aufenthalts in Deutschland von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen ist oder in denen ein Ehegatte aufgrund von Pflegebedürftigkeit nicht mehr zu Hause leben kann, trotz der bestehenden Ehe die Gewährung des vollen Regelbedarfs nach § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II in analoger Anwendung dieser Vorschrift gerechtfertigt.

Weiter führt das Gericht aus, dass eine Regelleistung von 90 v.H.  nur dann gerechtfertigt sei, wenn beide Partner in einer Haushaltsgemeinschaft umfassend “aus einem Topf” wirtschafteten mit der Folge, dass zwei zusammenlebende Partner einen finanziellen Mindestbedarf haben, der unter dem doppelten des Bedarfs eines Alleinwirtschaftenden liege.

Getrennte Haushaltsführung ohne Einspareffekte

Das Gericht stellte fest, dass beim Kläger und seinem in einer anderen Stadt wohnenden Lebenspartner keine Einsparmöglichkeiten bei der alltäglichen Lebensführung bei zwei verschiedenen Haushalten etwa durch einen gemeinsamen Telefon- und Internetanschluss, gemeinsame Versicherungen (Hausrat, Haftpflicht etc.), gemeinsame Einkäufe und eine gemeinsame Freizeitgestaltung bestanden.  

Wenn der Kläger und sein Lebenspartner sich im Rahmen einer „Wochenendbeziehung“ oder in einem anderen, individuell gestalteten Rhythmus regelmäßig  gesehen hätten und im jeweiligen Haushalt Zeit miteinander verbracht hätten, sodass sich dann Synergieeffekte bei der alltäglichen Lebensführung etwa durch die Einnahme gemeinsamer Mahlzeiten oder dem Sparen von Strom und Wasser sowie Heizkosten ergeben könnten, wäre dies möglicherweise anders zu beurteilen gewesen.

Das konnte das Gericht jedoch nicht feststellen.  .Über einen PKW verfügten weder der Kläger noch sein Lebenspartner, sodass sie nicht in der Lage waren, sich kurzfristig und spontan zu besuchen und so Synergieeffekte bei der alltäglichen Lebensführung herbeizuführen. Regelmäßige Treffen an Wochenenden fanden im maßgeblichen Zeitraum nicht statt. .Die “Pflege“ der Lebenspartnerschaft sei  überwiegend telefonisch erfolgt.

Zusammenfassung zu höheres Bürgergeld für Paare

Das Wichtigste zum Schluss kurz zusammengefasst:

  • Paare erhalten den Bürgergeld Regelsatz nach der Regelbedarfsstufe 2. Er ist 10 Prozent niedriger als der Regelsatz für Alleinstehende.
  • In Ausnahmefällen erhält jedoch jeder Partner den Regelsatz nach der Regelbedarfsstufe 1.
  • Nach dem Urteil des Landessozialgerichts liegt ein solcher Ausnahmefall vor, wenn die Partner in zwei separaten Wohnungen in unterschiedlichen Städten ohne häufige Besuchskontakte leben.