Bürgergeld: Verfassungsänderung für Total-Sanktionen bei Job-Verweigerung? Geht das?

Von Seiten der CDU kommt der Vorschlag, die deutsche Verfassung, das Grundgesetz, zu ändern, um Bürgergeld Bezieher besser mit Sanktionen belegen zu können. Doch ist das überhaupt möglich? Und welche Voraussetzungen müssen bei einer Verfassungsänderung erfüllt werden? Wir beantworten das in unserem Beitrag.

Die CDU will eine Verfassungsänderung, um Bürgergeld Bezieher mit Sanktionen belegen zu können und den Regelsatz komplett zu streichen.
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Die Bundesregierung plant ein Bürgergeld-Änderungsgesetz. So soll Leistungsbeziehern, die einen angebotenen Job verweigern, der Regelsatz für 2 Monate gestrichen werden können, also Sanktion für eine Arbeitsverweigerung. Dies soll auch wiederholt möglich sein. Im Extremfall müssten Bürgergeld Bezieher, die eine Arbeit verweigern, pro Jahr für 8 Monate ohne Geld für den Regelbedarf auskommen. Das sei aufgrund des Schutzes des Existenzminimums durch die Verfassung nicht möglich, sagen Kritiker. Aus den Reihen der CDU kam durch den Politiker Jens Spahn deshalb der Vorschlag, die Verfassung zu ändern.

In unserem Artikel beleuchten wird die Vorhaben zu den Bürgergeld Sanktionen und schauen, welche Voraussetzungen für eine Verfassungsänderung erforderlich wären.

CDU will Verfassungsänderung um Bürgergeld Bezieher sanktionieren zu können

Soll die Verfassung geändert werden, damit Bürgergeld Bezieher komplett sanktioniert werden können, das Bürgergeld komplett gestrichen werden kann?

Die CDU will die Verfassung ändern, damit Bürgergeld Beziehern, die einen Job verweigern, das Bürgergeld komplett gestrichen werden kann. Wir finden, dass das “mit Kanonen auf Spatzen schießen” bedeutet.

Die IG-Metall spricht von “Symbolpolitik”.

Die CDU spricht sich schon lange für stärkere Sanktionen beim Bürgergeld aus. Das, was die Bundesregierung nunmehr plant, eine komplette Streichung des Bürgergeld Regelsatzes für 2 Monate, geht dem CDU-ler Spahn nicht weit genug. “Menschen, die arbeiten können und ein Jobangebot erhalten, dies aber nicht annehmen, sollten im Grunde kein Bürgergeld mehr bekommen”, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.

Um dieses Ziel zu erreichen müsse notfalls die Verfassung geändert werden. Denn Spahn weiß, dass eine generelle Streichung des Bürgergeldes durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht gedeckt ist.

Wenn vom Jobcenter ein Arbeitsangebot gemacht werde, bestehe auch die Pflicht, dieses anzunehmen. Wer das nicht tue, der müsse mit Sanktionen in Form von Streichungen des Geldes rechnen.


Streichungen des Regelsatzes für 2 Monate nur erster Schritt

Spahn sagte “Wem ein Angebot gemacht oder wer gefördert wird, hat die Pflicht, dies auch zu nutzen. Wer sich dann immer noch verweigert, kann sich nicht darauf verlassen, durch andere finanziert zu werden. Das lässt sich so auch in die Verfassung aufnehmen.”

Die Verschärfungen der Sanktionen, die die Bundesregierung gegenwärtig plant, die Streichung des Bürgergeld Regelsatzes für 2 Monate, ist für Spahn ein erster ersten Schritt in die richtige Richtung. Dies sei aber nicht genug.

Bundeskabinett hat Bürgergeld Streichung für 2 Monate abgesegnet

Das Bundeskabinett, also Kanzler und Minister, haben in der letzten Woche den vom Bundesarbeitsministerium geplanten Verschärfungen und 100 Prozent Sanktionen zugestimmt. Voraussetzung der kompletten Regelsatz-Streichung ist, dass die Möglichkeit der Arbeitsaufnahme tatsächlich und unmittelbar bestehet und willentlich verweigert wird.

Nach Auffassung der Bundesregierung erachtet das Bundesverfassungsgericht grundsätzlich auch einen kompletten Bürgergeld Entzug als möglich. Voraussetzung sei eben, dass ein Bürgergeld-Empfänger ohne wichtigen Grund ein konkret bestehendes und zumutbares Arbeitsangebot verweigert.


Wann kann die Verfassung geändert werden?

Eine Änderung der Verfassung, also des deutschen Grundgesetzes, ist nicht so einfach möglich, wie ein Gesetz zu verabschieden. Erforderlich hierfür ist eine Mehrheit von zwei Dritteln der Stimmen der Bundestagsabgeordneten. Die Verfassung kann also nur mit einer 2/3-Mehrheit des Deutschen Bundestages und des Bundesrates geändert werden.

Absolut unzulässig ist aber eine Änderung der in Artikel 1 und 20 niedergelegten Grundsätze. Dort geht es um die unantastbare Menschenwürde. So steht es in Artikel 79 Absatz 3 Grundgesetz.

Das Existenzminimum ist Bestandteil der Menschenwürde. Das hat das Bundesverfassungsgericht u.a. 2019 in einer Entscheidung festgestellt (Aktenzeichen 1 BvL 7/16). Die Streichung des Existenzminimums ist also nicht möglich!

Symbolpolitik – was bringen die Sanktionen?

Es gibt nur eine äußerst kleine Zahl radikaler Jobverweigerer. Das geht aus statistischen Zahlen der Bundesagentur für Arbeit hervor.  Die IG-Metall-Chefin Christiane Benner spricht deshalb von “reiner Symbolpolitik”.  Es werde nach unten getreten, obwohl auf der Seite des Kapitals schwarze Schafe häufig gebe, etwa  Steuerflucht, Betrug, Täuschung. Der dort verursachte Schaden sei weit größer als derjenige, den die wenigen Bürgergeld Bezieher verursachen, auf die sich die Diskussion gerade einschieße.

Wir – der Verein für soziales Leben e.V. – können uns dieser Meinung nur anschließen: Totalsanktionen gegen Bürgergeld Bezieher bringen im Endeffekt nichts! Und gar die Verfassung hierfür zu ändern ist, um es mit dem bekannten Sprichwort zu sagen, mit Kanonen auf Spatzen schießen.