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Bürgergeld: Ins Ausland fahren und dem Jobcenter keinen Bescheid geben

Viele Bürgergeld-Empfänger fragen sich, ob sie ins Ausland reisen dürfen. Dieser Artikel auf Bürger & Geld, dem Nachrichtenmagazin des Vereins Für soziales Leben e. V., erklärt, welche Regeln bei Auslandsaufenthalten gelten, welche Meldepflichten bestehen und welche Konsequenzen drohen, wenn das Jobcenter nicht informiert wird.

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Immer wieder taucht im Zusammenhang mit dem Bürgergeld die Frage auf, ob ein kurzfristiger oder längerer Auslandsaufenthalt möglich ist – oder ob das Jobcenter dies mit entsprechende Konsequenzen verbietet. In diesem Artikel erfahren Sie, was bei Reisen ins Ausland zu beachten ist, welche gesetzlichen Regelungen gelten und welche Folgen es haben kann, wenn Sie dem Jobcenter keinen Bescheid geben.

Grundregel: Meldepflicht gegenüber dem Jobcenter

Wer Bürgergeld bezieht, unterliegt der grundsätzlichen Pflicht zur Mitteilung jeglicher Ortsabwesenheit. Das gilt insbesondere auch für Reisen ins Ausland. Der Leistungsbezug ist daran geknüpft, dass Sie für das Jobcenter erreichbar sind und etwaigen Verpflichtungen wie Vorstellungsgesprächen, Maßnahmen oder Weiterbildungen kurzfristig nachkommen können.

Warum ist das so wichtig?

  • Das Bürgergeld dient der Sicherung des Lebensunterhalts und ist mit der Verpflichtung zur Arbeitsaufnahme oder aktiven Jobsuche verbunden.
  • Die „Erreichbarkeitsanordnung“ schreibt vor, dass Sie dem Jobcenter immer vorab mitteilen müssen, wann, wohin und wie lange Sie Ihren Wohnort verlassen.
  • Bei Abwesenheiten, vor allem im Ausland, kann das Jobcenter keine kurzfristige Vermittlung oder Unterstützung gewährleisten.

Urlaub und Auslandsreisen: Die gesetzlichen Regeln

Maximaler “Urlaubsanspruch”:
Bürgergeld-Empfänger haben im Kalenderjahr Anspruch auf eine Ortsabwesenheit von bis zu 21 Kalendertagen – also drei Wochen –, für die weiterhin Leistungen gezahlt werden. Diese „Urlaubsregelung“ gilt für Aufenthalte im Inland und Ausland. Entscheidend ist jedoch: Jede geplante Abwesenheit muss spätestens fünf Werktage vor Reiseantritt beantragt und genehmigt werden.

Das Formular:
Die Beantragung erfolgt mit einem gesonderten Antrag an das zuständige Jobcenter. Nach offizieller Genehmigung darf verreist werden, ohne dass der Leistungsanspruch entfällt.

Grenznahe Kurzaufenthalte:
Für Kurzaufenthalte im grenznahen Ausland (maximal 30 km von der Grenze und innerhalb von 2,5 Stunden erreichbar) gelten Sonderregelungen. Hier ist das Jobcenter “kulant”, solange die Erreichbarkeit sichergestellt ist.

Folgen: Was passiert ohne Mitteilung ans Jobcenter?

Fahren Sie trotz Bezug von Bürgergeld ohne Mitteilung oder Genehmigung des Jobcenters ins Ausland, kann dies gravierende Konsequenzen haben:

  • Leistungsentzug: Das Jobcenter kann die Zahlungen sofort einstellen. Alle bis dahin bezogenen Leistungen für den Zeitraum der Abwesenheit werden zurückgefordert – dazu gehören neben dem Regelsatz auch Unterkunftskosten sowie Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung.
  • Rückzahlungspflicht: Wird nachträglich festgestellt, dass Sie sich ohne Meldung im Ausland aufgehalten haben, kann das Jobcenter hohe Rückforderungen stellen. In konkreten Fällen mussten bereits Summen von mehreren tausend Euro zurückgezahlt werden.
  • Ordnungswidrigkeit und Betrug: Wer absichtlich oder fahrlässig falsche Angaben macht oder das Ausland verschweigt, begeht eine Ordnungswidrigkeit. Im Extremfall kann Sozialleistungsbetrug mit Geldstrafe oder sogar Freiheitsstrafe geahndet werden.
  • Neuer Leistungsantrag: Nach einer längeren, unerlaubten Auslandsreise erlischt der Anspruch auf Bürgergeld automatisch. Nach der Rückkehr muss der Bezug neu beantragt werden.

Wie reagiert das Jobcenter?

Das Jobcenter prüft regelmäßig, ob sich Leistungsempfänger im Ausland aufhalten. Datenabgleiche, stichprobenartige Überprüfungen und Postrückläufer gehören zu den Methoden. Auch die Nicht-Reaktion auf Schreiben oder fehlende Rückmeldungen werden als möglicher Hinweis gewertet.

Tipp: Richtiges Verhalten als Bürgergeld-Empfänger

  • Jede geplante Reise – auch ein Kurztrip ins Ausland – muss dem Jobcenter angemeldet und genehmigt werden.
  • Erhalten Sie keine Zustimmung, sollten Sie auf die Reise verzichten, um finanzielle Nachteile und rechtliche Probleme zu vermeiden.
  • Nach Rückkehr ist eine sofortige Meldung beim Jobcenter erforderlich.

Rechtsgrundlagen

Die Rechtsgrundlage für die Regelung der Ortsabwesenheit von Bürgergeld-Empfängern ist vor allem § 7 Absatz 4a SGB II. Ergänzend gelten die Vorgaben aus der Erreichbarkeitsanordnung (EAO) in der jeweils maßgeblichen Fassung sowie die fachlichen Weisungen der Bundesagentur für Arbeit zu diesem Thema.

Zusammenfassend:

  • § 7 Abs. 4a SGB II regelt den Leistungsausschluss bei ungenehmigter oder zu langer Ortsabwesenheit.
  • Die konkrete Ausgestaltung (z.B. maximal drei Wochen pro Jahr mit Genehmigung, Notwendigkeit der vorherigen Zustimmung durch das Jobcenter) ergibt sich zusätzlich aus der Erreichbarkeitsanordnung und den zugehörigen Verwaltungsvorschriften.

Diese Vorschriften legen fest, wann und in welchem Umfang Sie während des Leistungsbezuges ortsabwesend sein dürfen und wann Sie mit Konsequenzen wie dem Verlust des Bürgergeldes rechnen müssen.

Zusammenfassung: Auslandsaufenthalt bei Bürgergeld Bezug

Urlaub ist auch für Bezieher von Bürgergeld grundsätzlich möglich, doch ein Auslandsaufenthalt ohne Absprache mit dem Jobcenter ist mit erheblichen Risiken behaftet. Wer ohne Genehmigung verreist, riskiert den sofortigen Verlust aller Ansprüche, Rückforderungen und mögliche Strafen. Um auf der sicheren Seite zu bleiben, sollte immer rechtzeitig das Gespräch mit dem Jobcenter gesucht und alle Absprachen schriftlich festgehalten werden.

Hinweis: Dieser Artikel bietet einen Überblick über die Rechtslage Mitte 2025. Für individuelle Fragen oder Sonderfälle empfiehlt sich eine rechtliche Beratung.

Redakteure

  • ik

    Ingo Kosick ist ein renommierter Experte im Bereich des Sozialrechts in Deutschland. Er engagiert sich seit über 30 Jahren in diesem Feld und hat sich als führende Autorität etabliert. Als Vorsitzender des Vereins Für soziales Leben e.V., der 2005 in Lüdinghausen gegründet wurde, setzt er sich für die Unterstützung von Menschen ein, die von Armut und Arbeitslosigkeit betroffen sind. Der Verein bietet über das Internet Informationen, Beratung und Unterstützung für sozial benachteiligte Menschen an. Ingo Kosick ist zudem ein zentraler Autor und Redakteur auf der Plattform buerger-geld.org, die sich auf Themen wie Bürgergeld, Sozialleistungen, Rente und Kindergrundsicherung spezialisiert hat. Seine Artikel bieten fundierte Analysen und rechtlich aufgearbeitete Informationen, die Menschen in schwierigen Lebenssituationen unterstützen sollen. Durch seine langjährige Erfahrung und sein Engagement hat Ingo Kosick maßgeblich dazu beigetragen, dass sozial benachteiligte Menschen in Deutschland besser informiert und unterstützt werden können.

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  • Peter Kosick
    Experte:

    Peter Kosick hat an der Universität Münster Rechtswissenschaften studiert und beide juristische Staatsexamen in Nordrhein-Westfalen mit Erfolg abgelegt. Er arbeitet als freiberuflicher Jurist, ist Autor verschiedener Publikationen und hält Vorträge im Bereich Arbeits- und Sozialrecht. Seit mehr als 30 Jahren engagiert er sich im sozialen Bereich und ist seit der Gründung des Vereins "Für soziales Leben e.V." dort Mitglied. Peter Kosick arbeitet in der Online Redaktion des Vereins und ist der CvD. Seinen Artikeln sieht man an, dass sie sich auf ein fundiertes juristisches Fachwissen gründen. Peter hat ebenfalls ein Herz für die Natur, ist gern "draußen" und setzt sich für den Schutz der Umwelt ein. Seine Arbeit im Redaktionsteam von buerger-geld.org gibt ihm das Gefühl,  etwas Gutes für das Gemeinwohl zu tun.

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