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Keine Sanktion: Wann das Bürgergeld komplett versagt werden kann!

Das Bürgergeld soll Menschen in Not helfen – doch es gibt Fälle, in denen die Leistung komplett versagt werden kann. Wann das Jobcenter das Bürgergeld nicht mehr zahlt und was das für Betroffene bedeutet, erklären wir in diesem Artikel übersichtlich und verständlich.

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Die Grundsicherung für Arbeitsuchende – das Bürgergeld – ist ein zentrales Element des deutschen Sozialstaats. Doch wer glaubt, dass das Bürgergeld immer bedingungslos gezahlt wird, irrt. Es gibt Situationen, in denen das Bürgergeld komplett versagt werden kann. Der Begriff „Versagung“ ist dabei klar von „Sanktionen“ abzugrenzen. Während Sanktionen Leistungskürzungen darstellen, bedeutet eine komplette Versagung, dass vorübergehend gar keine Leistungen mehr ausgezahlt werden. In nachfolgendem Artikel auf Bürger & Geld gehen wir näher auf die Unterschiede ein.

Unterschied: Sanktion vs. Versagung

  • Sanktion: Das Jobcenter kürzt das Bürgergeld, wenn Pflichten verletzt werden – zum Beispiel, wenn eine zumutbare Arbeit abgelehnt wird oder Termine versäumt werden. Die Kürzungen betragen aktuell bis zu 30 % des Regelbedarfs für einen bestimmten Zeitraum.
  • Versagung: Das Jobcenter zahlt gar kein Bürgergeld mehr, wenn bestimmte Voraussetzungen nicht erfüllt sind oder Mitwirkungspflichten dauerhaft und nachhaltig verletzt werden. Dies kann auch die Kosten der Unterkunft und die Krankenversicherung betreffen.

Wann kann das Bürgergeld komplett versagt werden?

Fehlende Mitwirkung beim Antrag oder der Weiterbewilligung

Wenn ein Antragsteller notwendige Unterlagen nicht liefert oder Auskünfte verweigert, kann das Jobcenter die Leistungen komplett versagen. Dies gilt auch, wenn ein Antrag unvollständig ist und die fehlenden Angaben trotz Aufforderung nicht nachgereicht werden. Erst wenn die Mitwirkung nachgeholt wird, werden die Leistungen wieder gezahlt.

Dauerhafte Verweigerung konkreter, zumutbarer Arbeit

Seit März 2024 gibt es eine gesetzliche Neuregelung: Wer bereits eine Leistungsminderung wegen Arbeitsverweigerung erhalten hat und dann erneut eine konkret angebotene, zumutbare Arbeit ablehnt, dem kann für bis zu zwei Monate der gesamte Regelsatz gestrichen werden (sogenannte Vollsanktion). Allerdings werden die Kosten der Unterkunft und die Krankenversicherung weiterhin vom Jobcenter übernommen. Dies soll sich allerdings im System Neue Grundsicherung ändern. Ab voraussichtlich 2026 soll es zu einer kompletten Streichung des Bürgergeldes kommen!

Totalsanktionen und rechtliche Grenzen

Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass ein vollständiger Leistungsentzug nicht automatisch verfassungswidrig ist, wenn Menschen dauerhaft und bewusst eine konkret verfügbare, zumutbare Arbeit ablehnen, die ihre Existenz sichern würde. Allerdings dürfen die Leistungen nicht so weit gekürzt werden, dass das Existenzminimum gefährdet wird. In der Praxis bedeutet das: Die Kosten der Unterkunft und die Krankenversicherung bleiben meist erhalten, auch bei einer Vollsanktion.

Ausnahmen und Schutzmechanismen

  • Kosten der Unterkunft und Krankenversicherung: Bei einer Vollsanktion auf den Regelsatz bleiben die Leistungen für Unterkunft und Heizung sowie die Krankenversicherung in der Regel bestehen.
  • Widerspruchsmöglichkeit: Betroffene können gegen die Entscheidung des Jobcenters Widerspruch einlegen und klagen.

Zusammenfassung

Das Bürgergeld kann komplett versagt werden, wenn Antragsteller dauerhaft ihre Mitwirkungspflichten verletzen – insbesondere, wenn sie nach Aufforderung keine Unterlagen liefern oder eine konkret angebotene, zumutbare Arbeit wiederholt ablehnen. Die sogenannten Totalsanktionen betreffen aktuell nur den Regelsatz und sind zeitlich begrenzt. Die Kosten der Unterkunft und die Krankenversicherung bleiben in der Regel bestehen, um das Existenzminimum zu sichern. Das soll sich bei der geplanten Neuen Grundsicherung ändern.

Redakteure

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    Unser Redaktionsmitglied Dirk van der Temme (Jahrgang 1973) hat in Düsseldorf Diplom-Sozialarbeit studiert und erfolgreich  abgeschlossen. Schon als Schüler hat er sich sozial engagiert und die Liebe zu den Menschen beibehalten. Er hat die Entwicklung der Sozialhilfe, die Hartz Gesetze und die Einführung des Bürgergeldes mit großem Interesse verfolgt. Seine Beiträge in unserem Magazin zeigen, dass er weiß, worüber er schreibt.

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    Experte:

    Ingo Kosick ist ein renommierter Experte im Bereich des Sozialrechts in Deutschland. Er engagiert sich seit über 30 Jahren in diesem Feld und hat sich als führende Autorität etabliert. Als Vorsitzender des Vereins Für soziales Leben e.V., der 2005 in Lüdinghausen gegründet wurde, setzt er sich für die Unterstützung von Menschen ein, die von Armut und Arbeitslosigkeit betroffen sind. Der Verein bietet über das Internet Informationen, Beratung und Unterstützung für sozial benachteiligte Menschen an. Ingo Kosick ist zudem ein zentraler Autor und Redakteur auf der Plattform buerger-geld.org, die sich auf Themen wie Bürgergeld, Sozialleistungen, Rente und Kindergrundsicherung spezialisiert hat. Seine Artikel bieten fundierte Analysen und rechtlich aufgearbeitete Informationen, die Menschen in schwierigen Lebenssituationen unterstützen sollen. Durch seine langjährige Erfahrung und sein Engagement hat Ingo Kosick maßgeblich dazu beigetragen, dass sozial benachteiligte Menschen in Deutschland besser informiert und unterstützt werden können.

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