Kindergrundsicherung: Jobcenter sehen schwarz beim Kinderzusatzbetrag

Die Kindergrundsicherung soll das Sozialleistungen für Kinder bündeln und sie aus dem Bürgergeld "herausholen". Doch ist das wirklich sinnvoll? Zweifel melden die Personalräte der Jobcenter an. Lesen Sie die Einzelheiten in unserem Artikel.

Kann die Kindergrundsicherung wie geplant verwaltungstechnisch umgesetzt werden?
Foto des Autors

von

geprüft von

Die Kindergrundsicherung ist (oder war?) ein Prestigeobjekt der Bundesregierung. Es liegt bereits ein Gesetzentwurf vor, der auch im Bundestag in erster Lesung beraten wurde. Doch so ganz zufrieden ist offensichtlich niemand mit der geplanten Kindergrundsicherung, zumindest in der Form, wie sie gegenwärtig präsentiert wird. Nun haben sich auch die Personalräte der Jobcenter erneut zu Wort gemeldet. Was sie fordern, erklären wir in unserem Artikel.

Jobcenter wenden sich an den Bundeskanzler

Die Kindergrundsicherung soll Sozialleistungen für Kinder bündeln. Ob das umgesetzt werden kann, wird angezweifelt.
Bildquelle: Canva

Kann die Kindergrundsicherung so umgesetzt werden, wie die Regierung das plant. Die Personalräte der Jobcenter haben starke Zweifel.

Die Personalräte der Jobcenter haben an den Bundeskanzler geschrieben und verlangen Änderungen am vorliegenden Gesetzentwurf zur Kindergrundsicherung. So, wie sie gegenwärtig geregelt werden soll, drohe sie alle ihre Ziele zu verfehlen, ja, die finanzielle Situation der Anspruchsberechtigten zu verschlechtern.


Verwaltung der neuen Kindergrundsicherung nicht durchdacht

In dem Brief wird insbesondere auf die geplante Verwaltung der Kindergrundsicherung eingegangen. Diese sei, so wie geplant, nicht umsetzbar.  Das werde gerade für die Betroffenen verheerende Folgen haben. Der Sozialstaat werden Schaden nehmen.

Ziel der Kindergrundsicherung wird begrüßt

Die Personalräte der Jobcenter betonen, dass sie mit den wesentlichen Zielen der Kindergrundsicherung einverstanden seien.


Was sind die Ziele der Kindergrundsicherung

  • Kinderarmut soll effektiv bekämpft und verhindert werden.
  • Arme Familien sollen auf einfachere Art als bisher ihre finanzielle Unterstützung bekommen.
  • Bürokratie soll stark reduziert und unterschiedliche Sozialleistungen sollen gebündelt werden. Kinder sollen aus dem System des Bürgergeldes herausgenommen werden. Begründung: dort geht es um erwerbsfähige Menschen und deren Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt

Was kritisieren die Jobcenter am BKG im Einzelnen?

Die Ziele der Kindergrundsicherung würden nicht erreicht werden. Im Einzelnen:

Die Höhe der Zahlbeträge der Kindergrundsicherung würde „das grundgesetzlich festgeschriebene soziokulturelle Existenzminimum der Kinder und jungen Menschen nicht in Gänze abdecken“.  Es müssten ergänzende Leistungen vom Jobcenter bezogen und beantragt werden. Beispiel: die Mehrbedarfe, etwa bei Behinderung oder wenn das Warmwasser mit Strom erzeugt wird. Das gilt auch für andere Sozialleistungen, etwa dem Wohngeld.

Die Personalräte der Jobcentermonieren, dass bürgergeldberechtigte Familien, die ihre Leistungen gegenwärtig komplett vom Jobcenter erhalten, diese künftig bei bis zu fünf unterschiedlichen Behörden durchsetzen müssten, nämlich beispielsweisen beim Familienservice (für die neue Kindergrundsicherung zuständig), bei der Wohngeldstelle, der Agentur für Arbeit, der Gemeindeverwaltung und beim Jobcenter.

Die Kindergrundsicherung bringe also mehr Nachteile als Vorteile für Familien, die im Bürgergeld-Bezug stünden. Es sei zu erwarten, das in Zukunft weniger Menschen ihre Ansprüche auch verwirklichen könnten.


Bürgergeld-Familien beim Jobcenter lassen

Die Personalräte der Jobcenter fordern, dass wenigsten der für arme Familien vorgesehenen Zusatzbetrag der Kindergrundsicherung künftig durch die Jobcenter ausgezahlt werden solle.

Einheitliches Grundsicherungssystem anstelle Kindergrundsicherung

Alle Sozialleistungen, also Kinderzuschlag, Wohngeld und Bürgergeld, müssten in einer einheitlichen Grundsicherung zusammengefasst werden, so die Jobcenter-Vertreter. Zu dieser Überlegung hatten bereits der wissenschaftliche Beirat des Finanzministeriums und der Normenkontrollrat Konzepte erarbeitet.


Unsere Meinung

Die Personalräte der Jobcenter haben nicht Unrecht. Die Jobcenter können auf jahrelange Erfahrung zurückblicken, was die Unterstützung von bedürftigen Kindern betrifft. Sie verfügen auch über Fachwissen, wenn es um Ausbildung und Beruf für Heranwachsende geht. Die Auszahlung des Kinderzusatzbetrages für hilfebedürftige Kinder bei ihnen zu belassen, scheint deshalb ein guter Vorschlag zu sein.

Noch besser wäre ein einheitliches System der Sozialleistungen, das auch das Wohngeld mit einbezieht. Das dürfte aber weit mehr Zeit erfordern, als der gegenwärtigen Koalitionsregierung verbleibt.

Quellen

Spiegel vom 19.4.2024 in Online Ausgabe

Für Soziales Leben e.V. – Kindergrundsicherung