Was sind angemessene Heizkosten beim Bürgergeld?

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Kaum ein anderer Aspekt des neuen Bürgergeldes wird so kontrovers diskutiert wie die Übernahme der Heizkosten beim Bürgergeld. Obwohl die Ampel bereits zahlreiche Änderungen am ursprünglichen Entwurf durchgeführt hat, gehen der CDU/CSU die Änderungen nicht weit genug. Sie drohen mit der Blockade und beabsichtigen den Bundesrechnungshof einzuschalten. Der Hauptstreitpunkt sind die angemessenen Heizkosten. Was es damit auf sich hat, wird nachfolgend beleuchtet.

Die Heizkosten im ursprünglichen Entwurf

Als Arbeitsminister Hubertus Heil den ursprünglichen Entwurf zum neuen Bürgergeld vorlegte, war seitens der Opposition die Empörung groß. Die Kritik wurde seitens der Ampel und auch der sozialen Verbände erwartet. Nach jeder Debatte verstummten Kritikpunkte, nur beim Thema Heizkosten konnte man keinerlei Einigung erzielen. Der ursprüngliche Entwurf sah eine Übernahme der tatsächlichen Heizkosten vor. Bürgergeldbezieher hätten somit die tatsächlich verbrauchten Heizkosten vom Staat erstattet bekommen. In Anbetracht der steigenden Energiekosten ein guter Ansatz, um die Ärmsten der Gesellschaft nicht noch weiter zu belasten. Doch dieser Punkt ging dann selbst der FPD zu weit. Sie sahen dadurch den Sozialstaat in Gefahr. Eine Übernahme entspreche nicht der Fairness innerhalb einer Solidargemeinschaft.

Heizkosten im überarbeiteten Entwurf

Die Kritik der CDU/CSU und auch der mitregierenden FDP war so groß, dass das Arbeitsministerium sich gezwungen sah, Änderungen durchzuführen. Die Opposition drohte sogar damit, das Bürgergeldgesetz im Bundesrat zu blockieren. Das Arbeitsministerium legte nun eine abgeänderte Form des Entwurfes vor. Demnach sollen Bürgergeldbezieher nur noch die angemessenen Heizkosten erstattet bekommen. Ob die Änderung von der CDU/CSU akzeptiert wird, ist allerdings fraglich und auch die genaue Definition der angemessenen Heizkosten bleibt unklar. Sollten die von der CDU geführten Bundesländer das Gesetz in der Länderkammer blockieren, könnte sogar die Einführung zum 1. Januar 2023 gefährdet sein. Im Falle einer Blockade müsste dann innerhalb eines Vermittlungsausschusses eine Lösung gefunden werden.

Was sind angemessene Heizkosten?

Diese Frage “Was sind angemessene Heizkosten?” lässt sich nicht klar beantworten, da hier besonders die Sichtweise eine Rolle spielt. Fakt ist aber, dass auch beim Bürgergeld die bisherigen Hartz-IV-Vorgaben Berücksichtigung finden. Demnach sind die angemessenen Heizkosten von der tatsächlich bewohnten Raumfläche und der zur Bedarfsgemeinschaft gehörenden Personen abhängig. Allerdings dient auch diese Vorgabe nur zur groben Orientierung. Letztendlich ist es Ermessenssache des Jobcenters, die angemessenen Heizkosten zu definieren. Eventuell gehören zur Bedarfsgemeinschaft auch Säuglinge oder kranke und behinderte Personen, die auf ein warmes Zuhause angewiesen sind. Im Zweifelsfall kann die Übernahme der Heizkosten vom bundesweiten Heizspiegel beeinflusst werden. Hier werden die Daten der Heizkosten gesammelt und ein lokaler Durchschnittswert errechnet. Trotzdem hat bisher das Jobcenter das letzte Wort darüber und bestimmt individuell, wie die tatsächlichen angemessenen Heizkosten der jeweiligen Bedarfsgemeinschaft auszusehen haben. Sollten die Heizkosten zu hoch sein, dann kann auch eine Kostensenkungsaufforderung ausgesprochen werden. Die Bedarfsgemeinschaft hat dann sechs Monate Zeit, um die Heizkosten zu senken. Eventuell muss ein Teil der Heizkosten selbst getragen werden.

Eine Karenzzeit auch für die Heizkosten

Der Streitpunkt zwischen der Regierung und der Opposition ist die Karenzzeit, die auch nach der Entwurfsänderung für die Heizkosten indirekt bestehen bleibt. Das bedeutet, dass ab Januar bei jedem neuen Antragssteller die Heizkosten innerhalb der Karenzzeit eingestuft werden. Mit dem Antrag auf Bürgergeld werden somit die Wohnungsgröße und die damit verbundenen Heizkosten nicht überprüft. Die Grundlage dafür bildet der durch die Coronapandemie beschlossene vereinfachte Zugang zur Grundsicherung. Laut § 67 SGB II ist der Staat nunmehr verpflichtet, die tatsächlich anfallenden Kosten für den Wohnraum und die Heizkosten zu übernehmen. Eine Angemessenheitsprüfung wird nicht durchgeführt. Die Aussetzung der Angemessenheitsprüfung läuft zum Ende des Jahres aus und soll nun innerhalb der Einführung des Bürgergeldes übernommen werden. Das ist für die CDU und auch für einige FDP-Politiker ein Unding, da ihrer Meinung nach so jeder Anreiz auf Energiesparen verloren gehe. Sie fordern, dass alle Bürgergeldbezieher sich einer Energieberatung unterziehen müssen. Dabei sollen aber Anreize geschaffen werden. Bürgergeldbezieher, die besonders viel Energie sparen, sollen mehr Geld erhalten, als Energieverschwender. Das Geld wäre nicht zweckgebunden und könnte individuell ausgegeben werden.

Bei aller Diskussion um angemessene Heizkosten wird hier ein entscheidender Faktor übersehen. Bürgergeldbezieher haben generell schon einen eingeschränkten Zugang zum Wohnungsmarkt. Dass Bürgergeldbezieher in perfekt gedämmten Energiesparhäusern leben, ist unwahrscheinlich. Gerade in Altbauten ist meist keine ausreichende Dämmung vorhanden. Oft sind auch die Heizanlagen vollkommen veraltet. Im Gegensatz dazu belegen Studien, dass mit einem steigenden Wohlstand auch die verbrauchte Energie ansteigt. Die Politiker sollten also mal über einen neuen Ansatz nachdenken.