Hintergrund: Das Bürgergeld und seine Kosten
Der Staat gab im Jahr 2024 etwa 47 Milliarden Euro für das Bürgergeld aus; die Zahlen für 2025 werden sich wahrscheinlich auf ähnlichem Niveau bewegen. In den letzten Monaten hat Bundeskanzler Friedrich Merz Sparziele von rund zehn Prozent pro Jahr vorgeschlagen, was etwa fünf Milliarden Euro entspricht. Die Debatte über neue Reformformen und Einsparpotenziale gewinnt angesichts knappen Staatsfinanzen und steigender Sozialausgaben immer mehr an Bedeutung.
Die Vorschläge des ifo Instituts im Detail
Das Ifo Institut empfiehlt, Bürgergeld, Wohngeld und Kinderzuschlag zu einer einzigen, zentralen Transferleistung zusammenzufassen. Diese Bündelung der Sozialleistungen würde den Bürokratieaufwand massiv verringern und sowohl Verwaltung als auch Empfänger entlasten. Nach Berechnungen der Studie ließen sich allein durch dieses neue System jährlich etwa 4,5 Milliarden Euro an Verwaltungskosten und Transferleistungen einsparen.
Ein zweiter zentraler Punkt betrifft die Hinzuverdienstmöglichkeiten bei der Neuen Grundsicherung: Aktuell haben Bezieher in vielen Fällen keinen Anreiz, mehr zu arbeiten, da zusätzliche Einkommen oft vollständig angerechnet werden und damit kaum netto etwas bleibt. Das ifo Institut schlägt deshalb gezielte Änderungen bei den Anrechnungsregeln vor:
- Für Alleinstehende ohne Kinder: Ab einem Bruttoverdienst von 380 Euro im Monat sollen 35 Cent von jedem zusätzlich verdienten Euro behalten werden dürfen; darunter wird das Einkommen vollständig angerechnet.
- Für Paare ohne Kinder: Ab der gleichen Schwelle dürfen 20 Cent pro zusätzlich verdienten Euro behalten werden.
- Bei Haushalten mit Kindern: Paare sollen ab dem ersten Euro 35 Prozent des Zuverdiensts behalten.
Diese Neuregelungen sollen die Arbeitsanreize gezielt steigern und so dazu führen, dass sich für viele mehr Erwerbstätigkeit in sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungen wirklich lohnt.
Tabelle: Hinzuverdienst Bürgergeld vs. Neue Grundsicherung
Hier ist eine Vergleichstabelle zum Bürgergeld-Zuverdienst: Unterschiede zwischen der aktuellen Regelung (2025) und dem ifo-Reformvorschlag.
Zuverdienst | Aktuelle Regelung (2025) | ifo-Vorschlag (2026) |
---|---|---|
0–100 € | Komplett anrechnungsfrei (Freibetrag) | Keine Anrechnungsfreiheit; wird komplett angerechnet |
101–520 € | 20 % bleiben anrechnungsfrei (Transferentzugsrate 80 %) | Bis 380 € komplett angerechnet, ab 380 € gestaffelte Freibeträge: |
521–1000 € | 30 % bleiben anrechnungsfrei (Transferentzugsrate 70 %) | Für Alleinstehende ab 380 €: 35 % bleiben, für Paare ohne Kinder: 20 % |
1001–1200 € (bzw. 1500 € mit Kind) | 10 % bleiben anrechnungsfrei (Transferentzugsrate 90 %) | Für Paare mit Kindern: Immer 35 % ab dem ersten Euro |
Beispiel: Alleinstehende/r | Max. 100 € frei, danach starke Abzüge | Bis 380 € komplett angerechnet, ab da 35 % behalten |
Beispiel: Paar ohne Kinder | Reguläre Staffelung wie oben | Bis 380 € komplett angerechnet, ab da 20 % behalten |
Beispiel: Paar mit Kind(ern) | Staffelung, aber erst ab höheren Einkommen | Ab 1. Euro 35 % behalten |
Diese Tabelle zeigt: Der ifo-Vorschlag beseitigt den klassischen 100-Euro-Freibetrag und bietet stattdessen gestaffelte, aber generell höhere Anreize ab bestimmten Verdienstgrenzen, insbesondere für Haushalte mit Kindern.
Auswirkungen auf Beschäftigung und Sozialstaat
Nach den Modellrechnungen des ifo Instituts könnte die Reform nicht nur Milliardeneinsparungen bringen, sondern auch das Arbeitsvolumen um etwa 150.000 Vollzeitstellen steigern. Viele Experten sehen darin die Chance, sowohl die Staatsfinanzen zu entlasten als auch die Integration von Bürgergeld-Empfängern in den regulären Arbeitsmarkt voranzutreiben.
Kritik und politische Diskussion
Die Reformvorschläge stoßen auf gemischtes Echo bei Politik und Gesellschaft. Während Merz und die Union deutliche Kürzungen und Reformen fordern, äußern Sozialverbände und Teile der SPD Bedenken hinsichtlich sozialer Gerechtigkeit und Armutsrisiken. Auch der Expertenstreit über die tatsächlich erzielbaren Einsparungen ist noch nicht abgeschlossen.
FAQ: Die wichtigsten Fragen zum ifo-Vorschlag
Wie hoch sind die potenziellen Einsparungen?
Laut ifo Institut bis zu 4,5 Milliarden Euro jährlich durch Zusammenlegung und effizientere Anrechnungsregeln.
Wer ist vor allem betroffen?
Besonders Alleinstehende, Geringverdiener und Haushalte mit Kindern könnten sich künftig auf veränderte Zuverdienstregeln einstellen.
Welche Risiken gibt es?
Sozialverbände, wie der Verein Für soziales Leben e.V., mahnen, dass der Umbau zu neuen Ausschlüssen und Armutsrisiken führen könnte, falls die Existenzsicherung zu kurz kommt.
Wann könnten die Reformen kommen?
Die politische Umsetzung ist noch offen. Durchgesickert ist jedoch, dass die Neue Grundsicherung zum 1. Juli 2026 wirksam werden soll.
Fazit: Chancen und Herausforderungen
Das Einsparpotenzial durch die Reformvorschläge des ifo Instituts ist hoch, wenn Politik und Gesellschaft den Umbau mittragen. Die Maßnahmen könnten den Sozialstaat effizienter machen, Arbeitsanreize stärken und den Haushalt spürbar entlasten. Offene Fragen bleiben bei der sozialen Absicherung und den konkreten Auswirkungen auf vulnerable Gruppen.