Bürgergeld: Jobcenter muss drohende Stromsperre nicht abwenden – Urteil Landessozialgericht NRW

Jobcenter sind nicht zur Gewährung eines Darlehens zur Abzahlung von Stromschulden verplichtet, um eine drohende Stromsperre abzuwenden. Diesen Tenor hat eine Entscheidung des Landessozialgerichts NRW.

Jobcenter sind nicht verpflichtet bei einer drohenden Stromsperre ein Bürgergeld Darlehen zu gewähren.
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Strom und Stromkosten und Bürgergeld sind seit den letzten Jahren, in denen in Deutschland eine Energiekrise herrscht, ein Dauerthema. Viele Menschen, die Bürgergeld beziehen, sind in Bedrängnis geraten, weil ihnen die hohen Energiekosten (Stromkosten) über den Kopf gewachsen sind. Hintergrund ist die Tatsache, dass die Kosten für den allgemeinen Strom, den Haushaltsstrom, aus dem Regelsatz beglichen werden müssen. Das Jobcenter zahlt also nicht extra.

Und: es ist auch nicht verpflichtet, Stromschulden bei einer drohenden Stromsperre zu übernehmen und letztere also abzuwenden. Das geht aus einem Urteil des Landessozialgerichts NRW hervor, das wir in unserem Artikel besprechen.

Kein Anspruch auf Jobcenter-Darlehen bei drohender Stromsperre

Das Jobcenter muss eine Stromsperre nicht durch ein Bürgergeld Darlehen abwenden, wenn der Bürgergeld Bezieher nicht alles notwendige getan hat.

Nicht immer ist das Jobcenter verpflichtet, bei Stromschulden ein Darlehen zu gewähren. Das insbesondere dann nicht, wenn der Bürgergeld Bezieher nicht alle Möglichkeiten der Selbsthilfe ausgeschöpft hat.

Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen entschied unter dem Az. L 7 AS 487/23 B ER, dass ein Bürgergeld Empfänger keinerlei Anspruch auf ein Darlehen vom Jobcenter bzw. Bürgergeld Darlehen bei einer drohenden Stromsperre hat, wenn er nicht alle Möglichkeiten der Selbsthilfe ausschöpft, die auch § 2 Abs. 2 SGB II (Bürgergeld-Gesetz) vorschreibt.

Im zu entscheidenden Fall gibt es um einen Antrag eines Mannes mit Schwerbehinderung 70 Prozent GdB, der in der Nacht sogar auf ein mit Strom betriebenes Beatmungsgerät angewiesen war.


Stromschulden bei Bürgergeld Bezug

Der Entscheidung lag ein nicht gerade typischer Sachverhalt zugrunde:

Der Bürgergeld Bezieher hatte die monatlichen Abschläge für Strom direkt vom Jobcenter zahlen lassen. Es war jedoch aufgrund einer Kündigung ein anderer Stromversorger zuständig. Dies wurde nicht korrekt an das Jobcenter weitergegeben. Es sammelten sich Schulden von weit über 1000 Euro an. Das Strom-Unternehmen hatte eine Ratenzahlung angeboten, was der Bürgergeld Bezieher ausschlug. Er beantragte ein Bürgergeld Darlehen beim Jobcenter. Das Jobcenter lehnte den Antrag ab.

Einstweilige Anordnung gegen Jobcenter hinsichtlich Stromschulen-Übernahme

Der Bürgergeld Bezieher beantragte im Wege vorläufigen Rechtsschutzes das Jobcenter zu verurteilen, ihm ein Strom-Darlehen anzubieten. Das Sozialgericht lehnt dies mit der Begründung ab, dass das Darlehen mit monatlichen Raten von ca. 50 Euro hätten zurückgezahlt werden müssen, der Stromversorger aber bereits ein ähnliches Angebot gemacht  habe. Dies hätte der Bürgergeld Bezieher annehmen müssen, da er hierzu verpflichtet gewesen ist – im Wege der Selbsthilfe.


§ 2 Abs. 2 SGB II (Bürgergeld Gesetz) statuiert Selbsthilfegrundsatz

Das Landessozialgericht beurteilte den Fall wie schon das erstinstanzliche Sozialgericht. § 2 Absatz 2 SGB II verpflichte den Leistungsberechtigte „alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung der  Hilfebedürftigkeit auszuschöpfen“.

Da der Bürgergeld Bezieher, bei dem erkennbar gesundheitliche und finanzielle Probleme vorlagen, hier überhaupt keine Initiative ergriffen, also sich nicht um Selbsthilfe bemüht hatte, wurde ihm der einstweilige Rechtsschutz verwehrt. Das Jobcenter habe das Darlehen hinsichtlich der Stromschulden zu Recht verweigert. Selbsthilfe wäre gewesen auf das Ratenzahlungsangebot des Stromanbieters einzugehen oder aber den Stromanbieter zu wechseln.

Fazit und Einordnung der Gerichtsentscheidung zu den Stromschulden

Die Gerichtsentscheidung betrifft den Fall, dass der Bürgergeld Bezieher nicht selbst alles notwendige veranlasst hat, was er hätte veranlassen können, um eine Stromsperre abzuwenden. Er hätte insbesondere das Darlehensangebot des Stromanbieters annehmen können. Oder einfach den Stromanbieter wechseln können. Das gebietet § 2 Abs. 2 SGB II (Bürgergeld Gesetz). Wären diese Optionen im konkreten Fall nicht vorhanden gewesen, hätte das Jobcenter unter Umständen ein Darlehen zur Übernahme der Stromschulden gewähren müssen.

Eine Gerichtsentscheidung ist immer auf den konkreten Einzelfall zugeschnitten. Vorliegend lag der Fokus auf dem Selbsthilfegrundsatz.