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Wann das Jobcenter Guthaben aus der Nebenkostenabrechnung beim Bürgergeld anrechnen darf

Wann darf das Jobcenter Guthaben aus Ihrer Nebenkostenabrechnung auf das Bürgergeld anrechnen. Viele Betroffene sind verunsichert, ob sie Nachzahlungen leisten oder Erstattungen behalten dürfen. In diesem Artikel erklären wir, worauf es rechtlich ankommt und was Sie tun können, wenn das Jobcenter Ihr Nebenkosten-Guthaben anrechnet. Der Beitrag stammt von Bürger & Geld, dem Nachrichtenmagazin des Vereins Für soziales Leben e. V., und liefert praxisnahe Tipps für jede Lebenssituation.

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Einmal im Jahr erhalten Mieter von ihrem Mieter eine Nebenkostenabrechnung. In dieser wird festgestellt, ob die monatlichen Vorauszahlungen die im entsprechenden Jahr tatsächlich entstandenen Miet-Nebenkosten abgedeckt haben oder nicht. So kann sich eine Nebenkostennachzahlung oder eine Nebenkostenrückzahlung bzw. Nebenkostenerstattung durch den Vermieter ergeben. Nebenkosten werden auch Betriebskosten genannt. So kann man auch von einer Betriebskostenerstattung oder Betriebskostennachzahlung sprechen, die sich aus der jährlichen Betriebskostenabrechnung ergibt.

Hat Jobcenter Anspruch auf das Guthaben der Nebenkostenabrechnung?

Ergibt die Nebenkostenabrechnung ein Guthaben für den Mieter, so stellt sich im Falle eines Bezugs von Bürgergeld die Frage, ob der Bürgergeld Bezieher die Nebenkostenerstattung behalten darf oder ob diese dem Jobcenter zusteht und mit dem laufenden Bürgergeld Bezug verrechnet werden kann.

Über diese Frage hatte kürzlich das Landessozialgericht Hamburg zu befinden. Hier die Entscheidung in Grundzügen und die Darstellung der Rechtslage.

Es muss nicht unterschieden werden, ob das Guthaben aus Vorauszahlungen stammt, die vor oder während des Bezugs von Bürgergeld entstanden sind. Grund: Wird Bürgergeld bezogen, so leistet das Jobcenter die Kosten für die Unterkunft, also für die Miete und die Nebenkosten. Die Nebenkostenvorauszahlungen werden also vom Jobcenter übernommen. Es ist dann nur logisch, dass das Jobcenter zu viel gezahlten Beträge erstattet erhält.

Anrechnung von Guthaben aus Nebenkostenabrechnung während des Bezugs von Bürgergeld

Wenn ein Bezieher von Bürgergeld während des Leistungsbezugs eine Erstattung von Nebenkostenvorauszahlungen aus der Nebenkostenabrechnung (Betriebskostenabrechnung) erhält, so wird dieses Guthaben auf den Leistungsanspruch, den Bürgergeld Anspruch, angerechnet. Die Auszahlungssumme mindert sich entsprechend.

Die Anrechnung von Guthaben aus einer Nebenkostenabrechnung erfolgt auch für solches Guthaben, das aus Vorauszahlungen in einem Zeitraum entstanden ist, in dem der jetzige Bezieher von Bürgergeld noch nicht im Leistungsbezug stand, also noch kein Bürgergeld erhalten hat.

§ 22 Abs. 3 SGB II als Rechtsgrundlage für die Anrechnung von Nebenkostenguthaben

§ 22 Abs. 3 SGB II (Bürgergeld Gesetz) regelt die Einzelheiten der Anrechnung des Guthabens aus der Nebenkostenabrechnung. Es geht dabei um das Thema Kosten der Unterkunft – Miete.

Die Bürgergeld Leistung wird in dem Monat gemindert, der dem Monat der Auszahlung des Guthabens an den Bürgergeld Bezieher nachfolgt. Das ist eine Ausnahme vom Zuflussprinzip.

Beispiel: Die Nebenkostenabrechnung wird im Juni für das vorausgegangene Jahr erstellt. Es ergibt sich ein Guthaben. Dieses wird im August an den Mieter, der Bürgergeld bezieht, ausgezahlt. Im September mindert sich dadurch der Anspruch auf Bürgergeld. Das Jobcenter überweist den Betrag weniger, der dem ausgezahlten Guthaben aus der Nebenkostenabrechnung entspricht.

Anrechnung eines vor Beginn des Bürgergeldbezugs überwiesenen Nebenkostenguthabens?

Wird das Guthaben aus der Nebenkostenabrechnung einen Monat vor Beginn des Bezugs von Bürgergeld vom Vermieter ausgezahlt, so stellt sich die Frage, ob auch dieses Guthaben den Leistungsanspruch mindert, und das, obwohl im Zeitpunkt der Auszahlung noch kein Anspruch auf Bürgergeld bestand.

Das könnte man aus dem oben dargestellten § 22 Abs. 3 SGB II folgern, nach dem ein Betriebskostenguthaben den Bürgergeldanspruch in dem Monat, der auf den Zufluss des Guthabens folgt, mindert.

Eine solche Auslegung des § 22 Abs. 3 SGB II ist jedoch unzulässig. Würde ein Guthaben , das vor dem Beginn des Bezugs von Bürgergeld zugeflossen ist, auf das Bürgergeld angerechnet werden, würde der Betroffenen quasi vorsorglich Geld ansparen müssen und sich nach den Bürgergeld Regeln verhalten müssen, obwohl noch gar nicht feststeht, ob er Bürgergeld beziehen wird.

§ 22 Abs. 3 SGB II soll jedoch dem Jobcenter nur ermöglichen, Betriebskostenguthaben von Bürgergeldbeziehern, die sich bereits im Leistungsbezug befinden, im Monat, der dem Zufluss nachfolgt, anzurechnen.

Zusammenfassung zu Guthaben aus Nebenkostenabrechnung beim Bürgergeld

Grundsätzlich steht dem Jobcenter das Guthaben aus einer Nebenkostenabrechnung zu, da es auch die Vorauszahlungen übernommen hat. Ein Guthaben aus einer Nebenkostenjahresabrechnung kann somit mit dem laufenden Bürgergeld verrechnet werden.

Redakteure

  • Peter Kosick

    Peter Kosick hat an der Universität Münster Rechtswissenschaften studiert und beide juristische Staatsexamen in Nordrhein-Westfalen mit Erfolg abgelegt. Er arbeitet als freiberuflicher Jurist, ist Autor verschiedener Publikationen und hält Vorträge im Bereich Arbeits- und Sozialrecht. Seit mehr als 30 Jahren engagiert er sich im sozialen Bereich und ist seit der Gründung des Vereins "Für soziales Leben e.V." dort Mitglied. Peter Kosick arbeitet in der Online Redaktion des Vereins und ist der CvD. Seinen Artikeln sieht man an, dass sie sich auf ein fundiertes juristisches Fachwissen gründen. Peter hat ebenfalls ein Herz für die Natur, ist gern "draußen" und setzt sich für den Schutz der Umwelt ein. Seine Arbeit im Redaktionsteam von buerger-geld.org gibt ihm das Gefühl,  etwas Gutes für das Gemeinwohl zu tun.

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  • ik
    Experte:

    Ingo Kosick ist ein renommierter Experte im Bereich des Sozialrechts in Deutschland. Er engagiert sich seit über 30 Jahren in diesem Feld und hat sich als führende Autorität etabliert. Als Vorsitzender des Vereins Für soziales Leben e.V., der 2005 in Lüdinghausen gegründet wurde, setzt er sich für die Unterstützung von Menschen ein, die von Armut und Arbeitslosigkeit betroffen sind. Der Verein bietet über das Internet Informationen, Beratung und Unterstützung für sozial benachteiligte Menschen an. Ingo Kosick ist zudem ein zentraler Autor und Redakteur auf der Plattform buerger-geld.org, die sich auf Themen wie Bürgergeld, Sozialleistungen, Rente und Kindergrundsicherung spezialisiert hat. Seine Artikel bieten fundierte Analysen und rechtlich aufgearbeitete Informationen, die Menschen in schwierigen Lebenssituationen unterstützen sollen. Durch seine langjährige Erfahrung und sein Engagement hat Ingo Kosick maßgeblich dazu beigetragen, dass sozial benachteiligte Menschen in Deutschland besser informiert und unterstützt werden können.

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