Für soziales Leben e. V.

gemeinnützig & unabhängig

Stand:

Autor: Autor:

Merz-Reform: Was plant der Bundeskanzler beim Bürgergeld?

Bürgergeld vor dem Umbau: Was plant Kanzler Merz wirklich? Strengere Regeln, weniger Zuschüsse und mehr Druck auf Leistungsbezieher: Die geplante Bürgergeld-Reform der Bundesregierung sorgt für hitzige Debatten. Erfahren Sie hier auf Bürger & Geld, dem Nachrichtenmagazin des Vereins Für soziales Leben e.V., was sich für Empfänger bald ändern könnte, wie die geplanten Maßnahmen aussehen und welche Folgen die Reform für den Sozialstaat hat.

Die Bürgergeld-Reform, wie sie Bundeskanzler Friedrich Merz und seine Regierung angekündigt haben, steht im Zentrum der sozialpolitischen Diskussionen Deutschlands. Sie verspricht nicht nur weitreichende strukturelle Änderungen für Millionen von Leistungsbeziehern, sondern soll auch den Bundeshaushalt entlasten und arbeitsmarktpolitische Fehlanreize beseitigen. Im Folgenden werden die Pläne und rechtlichen Hintergründe sowie die praktischen Auswirkungen der Reform detailliert dargestellt.

Hintergrund: Bürgergeld auf dem Prüfstand

Das Bürgergeld wurde Anfang 2023 als Nachfolger von Hartz IV eingeführt und sollte Erwerbslosen einen modernen sozialen Schutz bieten. Seitdem steht das System immer wieder in der Kritik – insbesondere von CDU und CSU, die anführen, dass der Anreiz zur Arbeitsaufnahme zu gering sei und das System Missbrauch begünstige. Bundeskanzler Merz betonte in mehreren Interviews, dass das Bürgergeld das Prinzip “Fördern und Fordern” zu sehr zugunsten der Förderung verschoben habe. Seine Reform zielt darauf ab, mehr Gerechtigkeit und Leistungsorientierung ins System zu bringen.

Kernpunkte der geplanten Merz-Reform

1. Deckelung der Wohnkosten

Ein zentraler Punkt ist die geänderte Übernahme von Wohnkosten durch das Bürgergeld. Bislang konnten Empfänger in der sogenannten Karenzzeit oft hohe Mieten in Ballungszentren geltend machen, da Jobcenter die tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung übernahmen. Künftig sollen bundesweit einheitliche, pauschalierte Sätze eingeführt werden, die sich an durchschnittlichen Mietpreisen orientieren – unabhängig von der tatsächlichen Miete. Für viele Betroffene drohen dadurch starke Einschnitte und Zwangsumzüge, wenn die künftig erlaubten Mittel nicht mehr ausreichen.

2. Verschärfte Sanktionen und Kontrollmechanismen

Wer zumutbare Arbeit ablehnt oder Termine beim Jobcenter versäumt, muss mit Kürzungen von bis zu 30% des Regelsatzes rechnen. Bei wiederholtem Fehlverhalten kann das Bürgergeld sogar vollständig gestrichen werden, ausgenommen bleiben nur die Wohn- und Heizkosten. Die Schonfrist, während der eigenes Vermögen geschützt blieb, soll von zwölf auf sechs Monate verkürzt werden. Ab dem ersten Tag will die Regierung eine Vermögensprüfung einführen und bei der Vermittlung von Arbeitskräften einen Vorrang setzen. Wer wiederholt Termine versäumt oder Arbeit ablehnt, läuft Gefahr, alle Transferleistungen zu verlieren.

3. Förderung statt Qualifizierung – Vermittlungsvorrang

Die neue Ausrichtung legt einen starken Fokus auf schnelle Vermittlung statt Qualifizierung. Arbeitslose sollen zügig in Arbeit gebracht und weniger in Fortbildungsmaßnahmen oder Umschulungen vermittelt werden. Viele Betroffene kritisieren, dass dies eine nachhaltige Integration am Arbeitsmarkt verhindere und nur kurzfristige Lösungen begünstige.

4. Missbrauch verhindern – Datenabgleich ausweiten

Die Reform sieht vor, das Sozialleistungs-Missbrauch deutlich stärker zu verfolgen. Durch umfassenden Datenaustausch zwischen Sozial-, Finanz-, Sicherheits- und Ausländerbehörden will die Regierung verhindern, dass im In- und Ausland unberechtigt Bürgergeld bezogen wird. Die Vermögensprüfung und Kontrolle der Wohnungsgröße sollen dabei helfen, die tatsächliche Bedürftigkeit der Empfänger besser zu steuern.

5. Namensänderung: Zurück zur Grundsicherung

Symbolträchtig soll das Bürgergeld wieder “Grundsicherung” bzw. “Neue Grundsicherung” heißen. Die Regierung will damit ausdrücken, dass der Staat Hilfe bietet, aber auch klare Leistungsanforderungen stellt. Das neue System soll deutlich machen: Wer arbeiten kann, muss arbeiten – andernfalls droht der vollständige Verlust der Sozialleistungen, sofern keine besonderen Härtefälle vorliegen.

Rechtliche Dimension der Merz – Reform

Die geplanten Änderungen bedürfen umfassender Anpassungen im Sozialgesetzbuch II (SGB II). Kernfragen betreffen die Ausgestaltung der Zumutbarkeitsregeln, die Definition angemessener Unterkunft sowie die Rechtsfolgen bei Pflichtverletzungen. Die CDU/CSU argumentiert, die gerichtlichen und praktischen Schwächen des Bürgergelds müssten im Sinne der Steuerzahler und Beschäftigten behoben werden.

Gesellschaftliche Folgen und Kritik

Verbände, Gewerkschaften und Teile der Opposition kritisieren die Reform als Angriff auf das Existenzminimum und warnen vor gesellschaftlicher Spaltung. Viele Menschen könnten durch die neuen Regeln in Existenznot geraten, insbesondere in Großstädten mit hohen Mieten. Auch wird befürchtet, dass schnelle Vermittlung und Sanktionen langfristig die Chancen auf nachhaltige Integration verringern und das Problem der niedrigen Erwerbslosenquoten nicht lösen.

Siehe auch: Diffamierung von Bürgergeld Beziehern

Zusammenfassung: Merz Reform Bürgergeld – die Neue Grundsicherung

Die Merz-Reform des Bürgergeldes markiert eine Kehrtwende in der deutschen Sozialpolitik. Sie setzt auf strengere Regeln, Einsparungen insbesondere im Bereich Wohnkosten und höhere Anreize zur Arbeitsaufnahme. Für Empfänger bedeuten die Pläne mehr Kontrolle, geringere Zuschüsse und größere Unsicherheit – das Sozialstaatsprinzip wird neu ausbalanciert. Noch im Herbst 2025 will die Regierung konkrete Gesetzesvorlagen auf den Weg bringen, mit Inkrafttreten zum 1. Januar 2026. Es bleibt abzuwarten, wie sich der gesellschaftliche und politische Diskurs in den kommenden Monaten entwickelt.

Weiterführende Infos

Neue Grundsicherung – Bürgergeld: die Tabelle

Neue Grundsicherung – was Empfänger erwartet

Neue Grundsicherung – verfassungswidriger Leistungsentzug

Neue Grundsicherung ab 2026

Redakteure