Bürgergeld: Bundessozialgericht steht auf Seite der Obdachlosen

Obdachlose haben einen Anspruch auf Bürgergeld, auch wenn sie keine Postanschrift haben. Das folgt aus einer Stellungnahme des Bundessozialgerichts.

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An sich ist die Sache klar: Auch Obdachlose bzw. Wohnungslose haben einen Anspruch auf Bürgergeld, wenn sie hilfebedürftig sind. Und an sich ist es offensichtlich, dass Obdachlose sogar noch ein Stück weit mehr hilfebedürftig sind, als Menschen, die ein Dach über dem Kopf haben.

Doch die Voraussetzungen für den Bürgergeld Anspruch müssen erfüllt werden, egal, ob man obdachlos ist oder nicht. Nunmehr hat das Bundessozialgericht einiges klargestellt, was die Voraussetzungen für den Anspruch auf Bürgergeld im Bereich Obdachlosigkeit betrifft.

Lesen Sie die Einzelheiten in nachfolgendem Artikel zum Bürgergeld Anspruch bei Obdachlosigkeit.

Bürgergeld Anspruch besteht auch ohne Adresse und Telefon

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Obdachlose müssen keine Postanschrift haben, um die Voraussetzungen für einen Bürgergeld Anspruch zu erfüllen.

Bisher war es gängige Handhabung der Jobcenter, dass ein Anspruch auf Bürgergeld nur als gegeben angesehen wurde, wenn trotz der Obdachlosigkeit eine Postadresse vorhanden war. Einige gemeinnützige Organisationen hatten deshalb Obdachlosen ihre Adresse für die Kommunikation mit dem Jobcenter zur Verfügung gestellt.

Hintergrund war die Notwendigkeit der Erreichbarkeit. Wer Bürgergeld beanspruchen will, muss für das Jobcenter erreichbar sein. Denn es geht beim Bürgergeld nicht nur um die Sicherung des Lebensunterhalts, sondern auch um Vermittlung in Arbeit. Und letztes erfordert tägliche Erreichbarkeit, etwa um einen Vorstellungstermin bei einem potentiellen Arbeitgeber zu organisieren.


Obdachloser klagte vor Bundessozialgericht auf Bürgergeld

Gegen die Praxis der Jobcenter klagte ein betroffener Obdachloser vor dem Bundessozialgericht. Da sich zwischenzeitlich die Rechtslage änderte und die neue Erreichbarkeitsverordnung in Kraft getreten ist, musste das Bundessozialgericht kein Urteil fällen, hat jedoch rechtliche Hinweise zu einem abgeschlossenen Vergleich erteilt. Danach müssen Obdachlose dem Jobcenter keine Postanschrift angeben können, um einen Anspruch auf Bürgergeld zu haben. Für den Fall, dass auch sonst keine – etwa telefonischen – Kontaktmöglichkeiten bestehen, ist es ausreichend, wenn sich der Obdachlose möglichst werktäglich beim Jobcenter nach Post für ihn erkundigt.

In dem der Klage zugrunde liegenden Fall hatte das zuständige Jobcenter den klagenden Obdachlosen darauf hingewiesen, dass er seine Post künftig nicht mehr direkt bei der Behörde abholen könne. Es sei notwendig, dass er sich ein Postadresse einrichte. Die postalische Erreichbarkeit sei Voraussetzung für den Anspruch auf Bürgergeld.

Der  Obdachlose klagte und vertrag die Auffassung, die gesetzliche Anforderung der Erreichbarkeit beziehe sich nur auf den Aufenthalt in der Nähe des zuständigen Jobcenters, nicht auf die Post.

Die Bundesagentur für Arbeit sah das in internen Weisungen anders. Das Bundessozialgericht wiesen jedoch darauf hin, dass nach ihrer Ansicht das Jobcenter keine Postanschrift als Leistungsvoraussetzung verlangen könne.

Erreichbarkeitsverordnung nunmehr in Kraft

Am 8. August wurde die einschlägige Verwaltungsvorschrift der Bundesagentur obsolet, weil die “Erreichbarkeitsverordnung” des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales in Kraft trat. (Wir berichteten.) zu den Einzelheiten der Erreichbarkeitsverordung s. hier: Erreichbarkeitsverordnung Bürgergeld.

Die Parteien schlossen vor dem Bundessozialgericht einen Vergleich, weil sie an einer Klärung der früheren Rechtslage kein Interesse hatten. Das Jobcenter erkannte den Bürgergeld Anspruch teilweise an.

Nach der jetzt gültigen Erreichbarkeitsverordnung haben Wohnsitzlose / Obdachlose einen Anspruch auf Bürgergeld, wenn sie ihr Jobcenter “einmal pro Leistungsmonat persönlich” aufsuchen. Sie müssen allerdings “mitteilen, auf welchem Weg eine Kontaktaufnahme möglich ist”.

Obdachlose ohne eine solche Kontaktmöglichkeit haben dennoch einen Anspruch auf Bürgergeld, wenn sie das Jobcenter an jedem Werktag aufsuchen – davon geht jedenfalls die Bundesagentur für Arbeit in ihren Weisungen zum SGB II, dem Bürgergeld Gesetz aus. Ob das allerdings korrekt ist, ist fraglich.