Bürgergeld: Jobcenter muss hohe Miete oberhalb Angemessenheit zahlen

Ob die Miete für eine Wohnung angemessen ist, entscheidet nicht nur die ortsübliche Vergleichsmiete des Mietspiegels, sondern auch die familiäre Situation. Das entschied das Landessozialgericht Niedersachsen.

Bürgergeld: Jobcenter muss hohe Miete oberhalb Angemessenheit zahlen
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Familien, die Bürgergeld beziehen, erhalten neben dem Regelsatz auch die Kosten der Unterkunft, also die Mietkosten, vom Jobcenter bezahlt. Die Miete muss das Jobcenter nach Ablauf der einjährigen Karenzzeit allerdings nur bis zur Höhe der Angemessenheit zahlen – so der Grundsatz.

Das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen hat nunmehr unter dem Az.: L 13 AS 185/23 B ER am 13.10.2023 entschieden,  dass dies nicht immer gelte. Im Einzelfall müsse das Jobcenter auch eine höhere als die ortsüblich angemessene Miete übernehmen. 

Die Einzelheiten zu dieser Enterscheidung des Landessozialgerichts lesen Sie in diesem Artikel.

Bürgergeld: Miete muss angemessen sein

Jobcenter muss hoehere als angemessene Miete zahlen - Ausnahme

Die familiäre Situation ist mitentscheidend, ob eine Miete angemessen ist. Es kommt nicht allein auf die ortsübliche Vergleichsmiete am unteren Spektrum des Mietspiegels an – so die aktuelle Entscheidung des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen.

Die Miete für eine Wohnung muss angemessen sein. Nur dann besteht eine Verpflichtung des Jobcenters sie in voller Höhe zu übernehmen. Ist sie höher als das örtlich  untere Mietspiegelniveau zahlt das Jobcenter nur bis zu dieser Höhe.

Nunmehr hat das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (LSG)  entschieden, dass das Jobcenter bei besonders schwer verfügbaren, behindertengerechten Wohnungen die Miete oberhalb der Angemessenheitsgrenze zahlen muss.


Familiäre Situation entscheidet mit über Angemessenheit der Miete

Dem Eilverfahren beim Landessozialgericht lag die Klage einer alleinstehenden Mutter mit  fünf Kindern im Alter von 9 bis 22 Jahren zugrunde. Der älteste Sohn ist schwerbehindert und benötigt einen Rollstuhl. Die Familie wohnte bisher in einer 83 m³ großen Vier-Zimmer-Wohnung im 1. Obergeschoss eines Mehrfamilienhauses. Um die Wohnung zu verlassen, musste der Sohn durch das Treppenhaus getragen werden.

Die Familie musste sehr lange suchen, ehe sie eine barrierefreie Wohnung in passender Größe fand. Die Zentrale Fachstelle Wohnen der Stadt Bremen befürwortete den Abschluss des Mietvertrages für diese Wohnung. Das Jobcenter Bremen hingegen verweigerte eine Zusicherung der Mietübernahme. Die Begründung: Die Miete liege auch nach einem Preisnachlass (1.425,60 Euro) immer noch über der Angemessenheitsgrenze (1.353 Euro). Des Weiteren argumentierte das Jobcenter,  die Mutter habe in der Vergangenheit eine andere geeignete Wohnung zurückgewiesen

Das Landessozialgericht fällt eine Eilentscheidung

Das Landessozialgericht verpflichtete das Jobcenter per einstweiliger Anordnung eine Zusicherung der Mietübernahme zu erteilen.

Das Landessozialgericht begründete seine Entscheidung wie folgt: Die höheren Kosten seien aufgrund der familiären Besonderheiten nicht unangemessen. Zum einen sei der Zugang zum Wohnungsmarkt für Menschen mit Behinderung ohnehin erschwert. Zum anderen gebe es nur ein geringes Wohnungsangebot für größere Personenzahlen. Die Chancen einer sechsköpfigen Familie, künftig eine andere rollstuhlgerechte Wohnung zu finden, seien damit sehr klein. Diese Einschätzung teile auch die Zentrale Fachstelle Wohnen. Außerdem falle es dem schwerbehinderte Sohn nicht zur Last und er müsse nicht deshalb in einer ungeeigneten Wohnung bleiben, weil seine Mutter es in der Vergangenheit möglicherweise an ausreichenden Bemühungen hinsichtlich der Wohnungssuche habe mangeln lassen.


Zusammenfassung zu Bürgergeld und höhere als angemessene Miete

Das Wichtigste kurz zusammengefasst:

  • Grundsätzliche muss das Jobcenter die Miete nur bis zur ortsüblichen Angemessenheitsgrenze übernehmen.
  • Die familiäre Situation entscheidet jedoch mit, ob die Miete für eine Wohnung angemessen ist oder nicht. So kann eine Schwerbehinderung und eine hohe Zahl von Familienmitgliedern eine höhere als die ortsübliche Miete rechtfertigen – das entschied das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen.